Sauber gelöst: Waschanlagen-Management mit Industrie 4.0

Die wöchentliche Autowäsche in der heimischen Einfahrt ist selten geworden. Statt dessen fahren wir in die nächstgelegene Waschstraße mit Auffangbecken und Filtersystemen, um unser „heilig‘s Blechle“ zum Glänzen zu bringen. Oft ist dort die Kfz-Wäsche zwar noch manuell möglich. Schneller und meist sogar gründlicher geht es jedoch mit einer vollautomatisierten Autowaschanlage.

Textilwaschanlagen auf dem Stand der Technik

Ein namhafter Anbieter eines solchen Systems ist die 1997 gegründete Autowaschtechnik AWT AG mit Firmensitz in der Schweiz. Besonderen Wert legt der Anbieter auf sparsamen Einsatz von Energie, Wasser und Reinigungschemikalien sowie auf eine sorgfältige Schmutz- bzw. Brauchwasserreinigung. Auch eine gleichbleibende Reinigungsqualität und eine größtmögliche Schonung der PKW-Oberflächen steht im Fokus der AWT AG. Von zentraler Bedeutung zur Erreichung dieser Ziele ist die intelligente Steuerungstechnik der Waschanlagen. Denn auch wenn die Systeme standardisiert sind, so unterscheiden sich doch die Umgebungsbedingungen jeder Anlage, z. B. in Bezug auf Wasserhärte oder typische Fahrzeugverschmutzungen.

Daher vertreibt die AWT AG ihre Anlagen nicht nur als eigenständige Einheiten, sondern unter dem Markennamen Soft Car Wash als schlüsselfertige Waschcenter. So verfügt AWT über Erfahrungen sowohl als Anlagenbauer, als auch als Anlagenbetreiber – diese in der Branche einzigartige Kombination von Kompetenzen fließt in die permanente Optimierung der Anlagen.

Bei der Steuerungstechnik setzt die Autowaschtechnik AWT AG voll auf CODESYS-basierte Systeme. Entwickelt und optimiert werden die Steuerungsapplikationen für Waschanlagen von einem erfahrenen Systemintegrator, der Schweizer Inasoft GmbH.

Das Unternehmen ist seit vielen Jahren CODESYS Premium System Partner und hat zahlreiche erfolgreiche CODESYS-Projekte realisiert. Schon früh befasste sich Inasoft mit dem CODESYS Automation Server, der cloudbasierten Administrationsplattform für Steuerungssysteme.

Nutzen einer Industrie-4.0-Plattform

Gerade für die Entwicklung und Optimierung der Applikationssoftware für Waschanlagen stehen seit Langem einige Fragen im Raum:

  • Wie erhält Soft Car Wash als Betreiber bzw. AWT als Anlagenhersteller einen Überblick über die ausgelieferten Steuerungssysteme? Diese sind schließlich weit verteilt – allein in der Schweiz an derzeit mehr als 30 Standorten, an einem Dutzend weiterer in Deutschland.
  • Die Applikationssoftware der Steuerungen liegt als Quellcode und als ausführbarer Binärcode vor. Wie lassen sich beide Codes zentral verwalten und verwenden? Wie erhalten berechtigte Mitarbeiter ganz einfach Zugriff auf die aktuellsten Versionen – gerade dann, wenn sie sich nicht am Firmenstandort befinden?
  • Wie können Updates der Steuerungssoftware schnell an die bereits installierten Waschanlagen geliefert werden – ohne, dass ein Mitarbeiter vor Ort mit dem SPS-Programmiertool arbeiten muss?
  • Wie kann der Hersteller Parameter zur Optimierung der Waschergebnisse zentral anpassen, ohne zur jeweiligen Betriebsstätte reisen zu müssen? Wie erhält er einen schnellen Überblick über die Parameter an den unterschiedlichen Betriebsstätten?
  • Wie können sich Betreiber und Hersteller dagegen schützen, dass aufgrund eines Steuerungsdefekts Verluste bei Betriebseinnahmen entstehen? Oder anders gefragt: Wie kann der Gerätetausch softwareseitig schnell abgeschlossen werden, um eine betroffene Anlage schnell wieder betriebsbereit zu bekommen?
  • Wie kann bei all diesen Aufgaben eine Industrie-4.0-Plattform helfen?

Der CODESYS Automation Server gibt schlüssige Antworten auf diese Fragen. Und so hat Inasoft in Absprache mit seinem Kunden schon früh damit begonnen, die Autowaschanlagen im Rahmen eines Pilotprojekts mit dem CODESYS Automation Server zu verbinden.

Schritte zur cloudbasierten Administration der Waschanlagensteuerungen

Was muss Inasoft tun, um die CODESYS-Steuerungen an den Automation Server anzubinden? Nur vier einfache Schritte:

  • Anlegen eines entsprechenden Kontos. Konten für den CODESYS Automation Server kann Inasoft bequem im CODESYS Store einrichten, wo auch die gesamte Verwaltung der Konten stattfindet.
  • Vernetzung der Steuerungen mit dem Internet. Weil Datensicherheit ein großes Thema ist, stehen für die CODESYS-Steuerungen eine ganze Reihe von Security-Maßnahmen zur Verfügung – zum Schutz von Gerät und Applikation. Zunächst einmal schafft das sogenannte CODESYS Edge Gateway eine zusätzliche Sicherheitsstufe, und zwar durch die Trennung der Steuerungsnetzwerke vom Internet. Hierzu installiert Inasoft dieses Gateway als Softwareservice entweder auf einer dafür ausgewählten Steuerung, oder abgesetzt auf dedizierten Linux- oder Windowsgeräten. Das Gateway ist somit der Übergangspunkt zwischen dem lokalen Steuerungsnetzwerk und der Cloudplattform. In Richtung Cloud wird dabei die Kommunikation immer mit X.509-Zertifikaten verschlüsselt und signiert – auf dieselbe Weise, die sich beispielweise im Online-Banking bewährt hat. In Richtung Steuerungsnetzwerk kann eine derartige Absicherung zur Programmierung der Geräte ebenfalls vorgenommen werden.
  • Anmeldung von Edge Gateways im Konto des CODESYS Automation Servers. Über ein entsprechendes Kommando im CODESYS Development System registriert Inasoft die Edge Gateways der unterschiedlichen Waschanlagenstandorte im Konto des Automation Servers.
  • Steuerungen im CODESYS Automation Server erfassen. Alle an die Gateways angeschlossenen Steuerungen findet Inasoft durch einen Netzwerk-Scan in der Weboberfläche und kann sie per Mausklick in die Verwaltung des Automation Servers übernehmen. Mehr ist für die zentrale Listenansicht der Geräte nicht zu tun. Diese Liste lässt sich im Browser eines PCs oder eines mobilen Endgeräts gleichermaßen anzeigen. Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit kann Inasoft die Steuerungen zusätzlich in sogenannten Topologieansichten grafisch strukturieren, z. B. mit Kartenansichten für die Standorte in Deutschland und der Schweiz, oder sie zusammengefasst nach unterschiedlichen Anlagentypen anzeigen.

Um die Möglichkeiten des CODESYS Automation Servers voll auszuschöpfen, gibt es noch mehr Optionen.

Veröffentlichung von Parametern der Steuerungsapplikationen. Um Variablen der Applikation direkt von der Weboberfläche des CODESYS Automation Servers aus editieren zu können, müssen sie im Projekt zunächst einmal veröffentlicht werden. Im Programmiertool, dem CODESYS Development System, steht dafür ein spezieller Konfigurator zur Verfügung, der u. a. auch für den Datenaustausch per OPC UA verwendet wird.

Ablage des Steuerungsprojekts im Automation Server. Per Kommando im CODESYS Development System wird der Quellcode sowie die ausführbare Applikation in die Cloud geladen. Wo auch immer ein Applikationsentwickler sich gerade befindet – hier hat er einen zentralen Ablageort, von dem er das Projekt per Mausklick auf seinem lokalen PC öffnen und bearbeiten kann. Oder er rollt unmittelbar von der Weboberfläche die bereits übersetzte Applikation sofort auf eine oder mehrere geeignete Steuerungen aus. So kann z. B. eine getestete neue Version der Applikation auf alle ausgelieferten Autowaschanlagen eines bestimmten Typs gleichzeitig übertragen werden. Selbstverständlich kennt der Automation Server für solch sensible Aufgaben ein Berechtigungskonzept, basierend auf bewährten Benutzerprofilen.

Erstellen von Arbeitsaufträgen per Ticket. Eine bereits hinterlegte Applikation auf einer neuen Steuerung in Betrieb nehmen, eine ausgefallene Steuerung durch ein Austauschgerät ersetzen und vorhandene Backup-Informationen aufspielen – solche Arbeitsaufträge kann Inasoft über die Weboberfläche an Mitarbeiter vor Ort weiterleiten, auch wenn diese weder CODESYS beherrschen, noch Erfahrungen mit dem Server haben. Dazu wird in der Server-Weboberfläche zunächst der entsprechende Mitarbeiter angelegt. Beim Erstellen eines Tickets wird der Arbeitsauftrag kurz beschrieben, z. B. „Hallo Herr Meier, bitte ersetzen Sie die defekte Steuerung durch das identische Austauschgerät aus dem Lager, klicken Sie dann auf den unten angegebenen Link und erfassen Sie die Seriennummer der neuen Steuerung per QR-Code über die integrierte Kamera auf Ihrem Tablet. Vielen Dank, Ihr Inasoft-Team“. Herr Meier erhält dieses Ticket per E-Mail und kommt nach dem Hardwareaustausch über den erwähnten Link auf eine eingeschränkte Ansicht des Automation-Server-Kontos. Hier kann er genau das machen, was ihm aufgetragen wurde: Er erfasst die Seriennummer des neuen Geräts und bestätigt die Eingabe – nicht mehr und nicht weniger. Durch das Ticket ist die Verbindung zum Backup der ausgefallenen Steuerung bereits hergestellt, mit der Seriennummer wird das Austauschgerät im Automation Server registriert und das Backup von Applikation und Parametern automatisch übertragen. In wenigen Minuten ist die neue Steuerung und damit die gesamte Waschanlage wieder in Betrieb.

Ausblick: Wie weiter profitieren?

Mit dem CODESYS Automation Server löst Inasoft bereits heute typische Aufgaben, denen sich Betreiber und Hersteller von Autowaschanlagen stellen müssen. In einigen Monaten werden weitere Features bereitgestellt. Dann können die Applikationsdaten direkt im Server ganz einfach gespeichert und grafisch ausgewertet werden. Auch ein einfaches Remote-Debugging über den Server wird dann möglich sein. Lokal in den Steuerungen hinterlegte Webvisualisierungen lassen sich künftig zentral im Server anzeigen – so, als würde man direkt vor der Waschanlage stehen.

Dieser Artikel erschien am 14.02.2020 in der Digital Manufacturing.

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