
Interview mit Kevin Ketterle, dem verantwortlichen Entwickler für CODESYS go!
Kevin Ketterle, Business Product Owner von CODESYS go!, gibt einen tieferen Einblick.

Lieber Kevin, vielen Dank, dass du dich zu einem kurzen Interview bereit erklärt hast!
Kevin Ketterle:
Nichts lieber als das! Seit der Ankündigung von CODESYS go! im Mai 2023 entwickeln wir das neue Produkt in regem Austausch mit unseren Anwenderinnen und Anwendern - die Nähe zum Markt ist uns sehr wichtig. Mit der ersten Freigabe werden wir im April 2026 an den Start gehen.
Diese Version hat einen klaren Fokus auf Bibliotheksentwicklung. Welche Funktionen sind für weitere Freigaben geplant? Und wann können wir mit weiteren Freigaben rechnen?
Kevin Ketterle:
Eine sehr gute Frage, die in kundenzentrierten Entwicklungsprozessen gar nicht so einfach zu beantworten ist. Als agile Softwareentwickler arbeiten wir nach SCRUM und pflegen ein Backlog mit Funktionalitäten, die dynamisch bewertet und in einem Releaseplan priorisiert werden. Es gibt einige Features, die bereits jetzt eingeplant sind.
Zunächst zum Thema “Feldbus”: Der gängigste Feldbus in der CODESYS-Community ist Modbus - der ist daher bereits in der ersten Freigabe enthalten. EtherCAT ist auf Platz zwei der Beliebtheitsskala - damit werden wir uns definitiv als nächstes beschäftigen. Für 2026 haben wir außerdem eine Lösung für die Visualisierung von Projekten im Fokus. Auch Soft Motion haben wir fest im Blick. Wann diese Extensions tatsächlich erscheinen, ist und bleibt offen. Abhängig von Kundenfeedback und Kundenprojekten behalten wir uns vor, Releases zeitlich wie inhaltlich anzupassen.
CODESYS go! ist als Ergänzung zum Development System gedacht. Wie dürfen wir diese Aussage verstehen?
Kevin Ketterle:
Beide Entwicklungsumgebungen ergänzen sich dahingehend, dass go! durch seine textbasierte Ablage und Automatisierbarkeit in Anlehnung an IT-Standards überzeugt. Entwicklungskapazitäten in der Industrie sind rar gesät. Nun können wir endlich von den Fortschritten der IT profitieren, egal ob CI/CD-Workflows oder textuelle Ablageformate. Das bewährte CODESYS Development System V3 ist die umfassendste Entwicklungsumgebung in der Automatisierungstechnik und daher ressourcenintensiv, gerade bei komplexen Projekten und großen Automatisierungsanlagen. Im Gegensatz dazu können in go! -Projekte und insbesondere Bibliotheken agil und automatisiert programmiert werden. Das Development System ist quasi das Mutterschiff für alle Automatisierungsaufgaben. go! verwenden wir zunächst für die schlanke, automatisierte Entwicklung von Bibliotheken.
Heißt das, go! ist allein für Bibliotheksentwickler gedacht?
Kevin Ketterle:
Nein. Der größte, akute Schmerz unserer Branche ist der Fachkräftemangel bei wachsendem Automatisierungsaufwand, der in den nächsten Jahren noch deutlich zunehmen wird. Mit der Bibliotheksentwicklung adressieren wir einen ersten Anwendungsfall, der unseren Kunden sofort einen hohen Nutzen bringt. Bibliotheken stehen für Standardisierung, für effiziente und qualitativ hochwertige Automatisierungstechnik – alles Punkte, die wir mit go! direkt angehen. Wir sind überzeugt, dass unsere Kunden mit einer deutlich verbesserten Bibliotheksentwicklung offene Potenziale am schnellsten heben können.
CODESYS go! soll also sukzessive ausgebaut werden?
Kevin Ketterle:
Korrekt. Im ersten Schritt unserer Entwicklung stand die grundlegende Architektur im Vordergrund. Nach der ersten Freigabe werden wir in regelmäßigen Abständen neue Features veröffentlichen, die unsere Kunden befähigt, neue Anwendungsfälle in CODESYS go! zu realisieren. Anwendungsfall Nummer 1 ist erst einmal die Bibliotheksentwicklung.
Und wie geht es weiter?
Kevin Ketterle:
CODESYS go! wird in regelmäßigen Abständen um Funktionalitäten erweitert. Mit unseren Kunden und Key-Usern stehen wir intensivem Austausch und bewerten regelmäßig deren Bedürfnisse. Gemeinsames Ziel ist die Definition von Anwendungsfällen, die mit dem jeweiligen Release bedient werden können. In unserer Pipeline haben beispielweise die Anwendungsfälle „Visualization“ und „Soft Motion“ hohe Priorität . Visualization steht für die Projektierung von HMIs wie Bedienpulten oder Maschinenpanels mit Hilfe von CODESYS go!. „Soft Motion“ wird die Extension sein, um koordinierte Verfahrbewegungen herstellerunabhängig und zuverlässig zu steuern. Beide Anwendungsfälle sollen in den nächsten Releases zur Verfügung gestellt werden. Neben den Veröffentlichungen, die wir auf Use Cases zuschneiden, werden wir natürlich auch klassische Features sukzessive in CODESYS go! implementieren. Dazu zählen beispielsweise Feldbuskonfiguratoren, dedizierte Kommunikationsprotokolle oder auch Schnittstellen, von denen wir heute noch nicht wissen, dass sie zukünftig relevant sind.